Raum der Stille
Sparte: GeschichtenEin kleiner Raum, abseits gelegen von Hektik und Stress, genau genommen schon im Untergeschoß. In den Gängen davor kaum ein Mensch und doch ist er leicht zu erreichen, nur wenige Schritte vom Fahrstuhl entfernt, die seitlichen Türen einladend geöffnet.
Quasi aus der Dämmerwelt des nur von Kunstlicht erhellten Kellers tritt man ein in einen sonnen-durchfluteten Raum, dessen schräg nach oben führenden Panoramafenster das Licht fast ungehin-dert herein lassen, den Raum füllend bis in die letzte Reihe. Klar in seiner Linienführung, sparsam in seiner Einrichtung wirkt er doch bereits auf den ersten Blick warm, herzlich – übersichtlich und doch auch mit kleinen Ecken, die das Rund hinter dem Altar sanft betonen.
Der Altar ist einfach, ja schlicht, Als Schmuck ein kleiner Läufer unter dem aufgeschlagenen Buch und ein Strauß Frühlingsblumen, sonst nichts. Kein Kruzifix, kein Kelch – kein weiterer Hinweis auf eine bestimmte Religion. Dafür sind an der Wand dahinter die
Symbole der fünf großen Religionen
zu sehen: Buddhismus, Hinduismus, Christentum, Judentum und Muslime, in durchbrochenes Metall geformt, von indirektem Licht dezent abgehoben vom hellen Wandverputz. In ihrer Art gleich sind sie nebeneinander angebracht: gleich groß, auf gleicher Höhe – gleichwertig. So künden sie gemeinsam von der gemeinsamen Idee, die wohl jeder Religion zu Grunde liegt:
"Hilf Deinem Nächsten in brüderlicher Liebe!"
egal ob er oder du Allah verehrst, Shiva, Jesus oder Jahve, ob Du Freigeist bist oder Pantheist… Im friedlichen, gleichberechtigten Nebeneinander mahnen sie auch den Frieden unter uns Menschen an, der so ersehnt und doch so schwer zu machen ist. Diese Symbole: Sie sind nicht raumfüllend, sie drängen sich nicht auf, sie versperren nicht die Sicht sondern lassen Platz neben sich für eigene Gedanken, eigene Symbole – so, wie wir sie mit dem Gedanken der Koexistenz ideell hinzu fügen mögen. Und doch sind sie präsent…
Die schrägen Panoramafenster hinter dem Altar führen den Blick sanft in die Höhe. Beim Aufschauen und Betrachten spürt man förmlich die Analogie – vom Erbauer bewusst geplant oder Ergebnis eines "Zufalls"?
Wer kann sagen, wie viele der Menschen, die ihr Weg in den "Raum der Stille" führt, sich nicht emotional an einem "Loch" befinden? Und hier sind sie sogar im wahren Sinn des Wortes angekommen: in der untersten der der Öffentlichkeit zugänglichen Etagen – passend zum persönlich Tief, den Blick oft zu Boden gesenkt um nichts zu sehen…
Dann fällt der Blick auf die fünf Symbole, gleichsam als Anregung, als Basis für ein Aufschauen und Erkennen: Vor dem Fenster, an der Böschung, dorniges Gestrüpp, ineinander verflochten, schier undurchdringlich – so wie das, was man erlebt, was einem noch bevorsteht auf dem dornigen, schweren, von Kämpfen gezeichneten Weg hinauf zum Licht, so real wie die Sorgen und Nöte – und doch auch behangen mit den roten Winterbeeren, Farbtupfer als Akzente im dunklen, ja fast schmutzigen Braun – zugleich Relikte des Vergangenen und Künder des Kommenden: Frucht des letzten Jahres und Samen für das Kommende!
Darüber erhebt sich ein entlaubter Stamm, seitlich flankiert von sturmflüchtenden Nadelbäumen. Kraftvoll reckt er seinen Hauptast in Fortsetzung des Stammes dem Himmel entgegen, versucht festverwurzelt in der Erde die Weite des Blau zu erreichen, sich mit jeder Faser dem Licht entgegen zu strecken, welches bereits einen dünnen Schein von kommenden Grün seine Äste zu überziehen scheint.
Das Herz wird frei, die Brust dehnt sich ob der Helle und der Weite des Himmelsgewölbes. Der Geist, die Seele schwingen sich frei von Sorgen und Ballast hinaus, hinan in die Weite der Welt, Luft und Licht förmlich genießend, sie steigen kraftvoll hoch über die drückende Enge des Tiefs gleich einem Phönix, der wiedergeboren der Asche entsteigt! Und über eine ungeahnte Verbindung schöpft der Körper Kraft, die Lunge atmet tief, man vermeint taufeuchte morgenfrische Waldluft zu riechen, zu schmecken – und in Resonanz mit diesem Energiefluß steigt die Zuversicht, dass Vertrauen…
Die Realität beendet sanft den "metaphysischen" Ausflug. Doch auch wieder angekommen im Hier & Jetzt der materiellen Welt weicht das Gefühl der Kraft nicht, ein Gefühl der Sicherheit, der Wärme und der Geborgenheit…
Mit einem Lächeln auf den Lippen verläßt man gestärkt und ruhig diesen kleinen und doch so großen Raum mit der Gewißheit, dass man körperlich allein sein kann und doch nicht verlassen; im Gehen noch eine eintretende Person grüßend und ihr und allen Anderen im Geiste wünschend:
"Lernt mit dem Herzen sehen!"
Geschrieben in Gera am 18.03.2009 für:
die, die da waren,
die, die da sind,
und die, die da kommen werden…
Quasi aus der Dämmerwelt des nur von Kunstlicht erhellten Kellers tritt man ein in einen sonnen-durchfluteten Raum, dessen schräg nach oben führenden Panoramafenster das Licht fast ungehin-dert herein lassen, den Raum füllend bis in die letzte Reihe. Klar in seiner Linienführung, sparsam in seiner Einrichtung wirkt er doch bereits auf den ersten Blick warm, herzlich – übersichtlich und doch auch mit kleinen Ecken, die das Rund hinter dem Altar sanft betonen.
Der Altar ist einfach, ja schlicht, Als Schmuck ein kleiner Läufer unter dem aufgeschlagenen Buch und ein Strauß Frühlingsblumen, sonst nichts. Kein Kruzifix, kein Kelch – kein weiterer Hinweis auf eine bestimmte Religion. Dafür sind an der Wand dahinter die
Symbole der fünf großen Religionen
zu sehen: Buddhismus, Hinduismus, Christentum, Judentum und Muslime, in durchbrochenes Metall geformt, von indirektem Licht dezent abgehoben vom hellen Wandverputz. In ihrer Art gleich sind sie nebeneinander angebracht: gleich groß, auf gleicher Höhe – gleichwertig. So künden sie gemeinsam von der gemeinsamen Idee, die wohl jeder Religion zu Grunde liegt:
"Hilf Deinem Nächsten in brüderlicher Liebe!"
egal ob er oder du Allah verehrst, Shiva, Jesus oder Jahve, ob Du Freigeist bist oder Pantheist… Im friedlichen, gleichberechtigten Nebeneinander mahnen sie auch den Frieden unter uns Menschen an, der so ersehnt und doch so schwer zu machen ist. Diese Symbole: Sie sind nicht raumfüllend, sie drängen sich nicht auf, sie versperren nicht die Sicht sondern lassen Platz neben sich für eigene Gedanken, eigene Symbole – so, wie wir sie mit dem Gedanken der Koexistenz ideell hinzu fügen mögen. Und doch sind sie präsent…
Die schrägen Panoramafenster hinter dem Altar führen den Blick sanft in die Höhe. Beim Aufschauen und Betrachten spürt man förmlich die Analogie – vom Erbauer bewusst geplant oder Ergebnis eines "Zufalls"?
Wer kann sagen, wie viele der Menschen, die ihr Weg in den "Raum der Stille" führt, sich nicht emotional an einem "Loch" befinden? Und hier sind sie sogar im wahren Sinn des Wortes angekommen: in der untersten der der Öffentlichkeit zugänglichen Etagen – passend zum persönlich Tief, den Blick oft zu Boden gesenkt um nichts zu sehen…
Dann fällt der Blick auf die fünf Symbole, gleichsam als Anregung, als Basis für ein Aufschauen und Erkennen: Vor dem Fenster, an der Böschung, dorniges Gestrüpp, ineinander verflochten, schier undurchdringlich – so wie das, was man erlebt, was einem noch bevorsteht auf dem dornigen, schweren, von Kämpfen gezeichneten Weg hinauf zum Licht, so real wie die Sorgen und Nöte – und doch auch behangen mit den roten Winterbeeren, Farbtupfer als Akzente im dunklen, ja fast schmutzigen Braun – zugleich Relikte des Vergangenen und Künder des Kommenden: Frucht des letzten Jahres und Samen für das Kommende!
Darüber erhebt sich ein entlaubter Stamm, seitlich flankiert von sturmflüchtenden Nadelbäumen. Kraftvoll reckt er seinen Hauptast in Fortsetzung des Stammes dem Himmel entgegen, versucht festverwurzelt in der Erde die Weite des Blau zu erreichen, sich mit jeder Faser dem Licht entgegen zu strecken, welches bereits einen dünnen Schein von kommenden Grün seine Äste zu überziehen scheint.
Das Herz wird frei, die Brust dehnt sich ob der Helle und der Weite des Himmelsgewölbes. Der Geist, die Seele schwingen sich frei von Sorgen und Ballast hinaus, hinan in die Weite der Welt, Luft und Licht förmlich genießend, sie steigen kraftvoll hoch über die drückende Enge des Tiefs gleich einem Phönix, der wiedergeboren der Asche entsteigt! Und über eine ungeahnte Verbindung schöpft der Körper Kraft, die Lunge atmet tief, man vermeint taufeuchte morgenfrische Waldluft zu riechen, zu schmecken – und in Resonanz mit diesem Energiefluß steigt die Zuversicht, dass Vertrauen…
Die Realität beendet sanft den "metaphysischen" Ausflug. Doch auch wieder angekommen im Hier & Jetzt der materiellen Welt weicht das Gefühl der Kraft nicht, ein Gefühl der Sicherheit, der Wärme und der Geborgenheit…
Mit einem Lächeln auf den Lippen verläßt man gestärkt und ruhig diesen kleinen und doch so großen Raum mit der Gewißheit, dass man körperlich allein sein kann und doch nicht verlassen; im Gehen noch eine eintretende Person grüßend und ihr und allen Anderen im Geiste wünschend:
"Lernt mit dem Herzen sehen!"
Geschrieben in Gera am 18.03.2009 für:
die, die da waren,
die, die da sind,
und die, die da kommen werden…
Waldschratt - 18. Mär, 22:09